07.04.2022

Wissenschaft forscht mit und für die Öffentlichkeit

zu Aktuelles
Menschen die auf Stühlen im Kreis sitzen und einem Vortrag zuhören

Beim Forschungsprojekt "Digitaldialog21" werden Bürgerinnen und Bürger zum Thema Digitaler Wandel mit einbezogen.

Das Public Science Lab an der Hochschule Furtwangen bietet Methoden zur Erlangung von sozial robustem Wissen

Öffentliche Wissenschaft, diesem Thema hat sich Soziologe Prof. Dr. Stefan Selke an der Hochschule Furtwangen verschrieben. „Wenn Forschungsthemen die Lebenswelt von Menschen betreffen“, erläutert Selke, „dann sollten diese Menschen auch an den Forschungsprojekten beteiligt werden.“ Und zwar von vorneherein, meint der HFU-Professor: „Es geht darum, nicht erst zu forschen oder zu entwickeln und dann in einer Art nachholenden Technikfolgenabschätzung abzufragen, wie das Endprodukt in der Gesellschaft ankommt. Es geht darum, dass Experten frühzeitig mit Bürgerinnen und Bürgern zusammenarbeiten, um gemeinsam Szenarien zu Zukunftstechnologien zu entwickeln. Bei einem solchen Prozess kommen ganz sicher andere Ergebnisse heraus.“

Interdisziplinäre Lösungen

Selke bezeichnet sich selbst als interdisziplinären Grenzgänger, und so kam er letztlich auch zum Thema seiner Forschungsprofessur, die die erste an der HFU war und die er seit 2015 innehat: „ Ich beschäftige mich mit transformativer und öffentlicher Wissenschaft, ganz explizit nicht nur mit öffentlicher Soziologie“, sagt Selke, der ursprünglich aus der Luft- und Weltraumtechnik kam.  „Inzwischen herrscht Konsens, dass die entgrenzten Probleme der Zukunft, für die wir Lösungen finden müssen, sich sicher nicht in fachlich abgegrenzte Disziplinen einteilen lassen“, sagt er. Sein  Public Science Lab versteht der HFU-Professor auch als Dienstleister. „Wir haben eine sehr große Auswahl an Methoden, die wir auch anderen aus der Forschung und für Projekte anbieten“, sagt Selke.

Innovative Bürgerbeteiligung

Im Rahmen seiner Forschungsprofessur entwickelte Selke innovative Methoden für partizipatives Forschen. Seinen Ansatz nennt er gerne auch „konsultatives Forschen“, weil die Meinungen und Erfahrungen von Bürgerinnen und Bürgern ernsthaft mit einbezogen werden. Eines seiner Projekte, der „Digitaldialog21“, versteht sich in diesem Sinne als Stimmungsbarometer für das Thema Digitalisierung – auch im ländlichen Raum. Selke und sein Team kooperierten in einem Teilprojekt mit Gemeinden aus Baden-Württemberg, banden in Bürgerdialogen und Bürgerforen die Bevölkerung mit ein und entwickelten zusammen mit einer Dramaturgin und Schauspielenden  sogar eine Art Theaterstück über eine fiktive Gemeinde im Ländle, das zeigt, wo aus Sicht der Bevölkerung die Chancen, Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten des digitalen Wandels liegen.

Dieser Ansatz lässt sich auf zahlreiche Themen anwenden. „Wer Bürger, Anwendende, Patienten oder Nutzer einbindet, der erhält dadurch sozial robustes Wissen“, sagt der HFU-Professor. „Das wird auch in Forschungsprojekten und –anträgen immer mehr gefordert“, weiß Selke, der auch als Gutachter tätig ist. In diesem Sinne freut er sich mit dem Public Science Labor nun auch auf verstärkte Zusammenarbeit an der Hochschule Furtwangen.

Wissenschaft „erzählen“

Selke ist besonders wichtig, wie Wissenschaft und Forschung vermittelt und weitergegeben werden. „Bei der klassischen Wissenschaftskommunikation wird geforscht, um am Ende des Prozesses die Komplexität eines Themas laienverständlich herunterzubrechen. Öffentliche Wissenschaft dagegen nutzt die Vielfalt von Methoden und Medien und bezieht die Öffentlichkeit in einer 360-Grad-Perspektive in den Forschungsprozess mit ein.“ Auch ein narrativerer Schreibstil gehört für Selke zu diesem Ansatz. Als Buchautor stellt er sich immer wieder der Herausforderung, Wissenschaft zu „erzählen“. Gelungenes Beispiel: Sein jüngstes Buch „Externer Link wird in neuem Fenster geöffnet:Wunschland“ ist soeben im Ullstein Verlag erschienen.

Mehr Informationen zum Public Science Labor und seinen Leistungen:  www.public-science-lab.de