13.01.2025

Stress ist ihr roter Faden

zu Aktuelles
Die Professorin mit VR-Brille

Prof. Dr. Marie Ottilie Frenkel richtet am HFU-Studienzentrum in Freiburg derzeit ein neues VR-Labor ein. Sie hat sich auf die Entwicklung VR-Trainings spezialisiert, die in Stresssituationen helfen können.

„Profs im Portrait“: Prof. Dr. Marie Ottilie Frankel forscht an der Hochschule Furtwangen an virtuellen Trainingssystemen

Warum gibt es Menschen, die in unvermittelt auftretenden Krisensituationen einen kühlen Kopf bewahren können – und andere, die in einer solchen Lage erstarren und gut beherrschte Kompetenzen gar nicht mehr abrufen können? „Diese Frage war die Grundlage für meine Forschungstätigkeit“, berichtet Prof. Dr. Marie Ottilie Frenkel, die am Studienzentrum der Hochschule Furtwangen in Freiburg lehrt. Die Psychologin und Sportwissenschaftlerin brennt dafür, menschliches Verhalten in Stresssituationen zu analysieren – und mit Hilfe von VR-Technologie Systeme zu entwickeln, die dabei unterstützen, Stress zu verstehen und zu reduzieren. "Das ist immer dann besonders wichtig, wenn es um Gefahren geht, also zum Beispiel um die eigene Gesundheit“ so Frenkel. Die Wissenschaftlerin, die vor ihrer Berufung an der HFU an der Universität Heidelberg lehrte, untersuchte in einem internationalen und EU-geförderten Projekt den Umgang mit Stress von Polizeibeamten. „Beamte im Streifendienst müssen immer damit rechnen, dass etwas Unvorhergesehenes geschieht, das im Zweifel eine Gefahr auch für das eigene Leben darstellt“. Frenkel konzipierte ein Training, das für die Einsatzkräfte Situationen simuliert, in denen zielführend reagiert werden musste. „Im Nachhinein haben wir dann Aufmerksamkeitsprozesse, Entscheidungen und polizeiliches Verhalten ausgewertet – sehr spannend!“, sagt die Forscherin begeistert. „Mit solchen Programmen kann gezielt trainiert werden, den Stress auszuhalten und besonnen zu reagieren".

In eine ähnliche Richtung entwickelte sich auch Frenkels nächstes Forschungsprojekt, das sie mit an die Hochschule Furtwangen brachte. „In ‚Med1stMR‘ geht es darum, ein Unglück zu simulieren, bei dem es mehr verletzte Personen als Rettungskräfte gibt“, beschreibt Frenkel den Projektansatz. Rettungssanitäter und -sanitäterin müssen blitzschnell entscheiden, welchen Unfallopfern zuerst geholfen werden muss. „Das ist ein immenser Stress, der aber geübt werden kann“, sagt die Professorin. In einem ähnlichen Szenario arbeitet die Wissenschaftlerin nun an einem VR-Training speziell für Feuerwehren, diesmal geht es um technologiebasierte Entscheidungsunterstützung der Stabsarbeit bei der Feuerwehr. 

Nach Furtwangen kam Prof. Dr. Frenkel, aufgrund einer besonders enthusiastischen Empfehlung: „Mein Schwiegervater war Informatik-Professor an der HFU, und er hat mir immer von der Hochschule vorgeschwärmt. Natürlich hat er auch meine Bewerbung gegengelesen“, verrät Frenkel. Sie liebt es, zu lehren – nach 15 Jahren als Gymnasiallehrerin ist es nun ihr ganzer Ansporn, Studierenden im Fachbereich Physiotherapie psychologische Expertise zu vermitteln. Am Studienzentrum Freiburg richtet Frenkel derzeit ein neues VR-Labor ein – denn „abgesehen von spannenden Forschungsprojekten gehört die technologische Unterstützung in Sachen Gesundheit von vorneherein in die moderne Lehre“. In dem neuen VR-Labor wird die virtuelle Realität in die Lehre der Physiotherapie einfließen. Anhand von Fallvignetten mit echten Patientinnen und Patienten sollen Behandlungsprinzipien wie partizipatives Entscheiden in der Therapie und die Interaktion mit den zu Behandelnden geübt werden. Virtuelle Lerntools werden mit Studierenden entwickelt und von unteren Semester dann vor einem ersten Praxiseinsatz evaluiert.  

Und wie geht eine promovierte Stressexpertin mit dem Thema im eigenen Leben um? „Als stressig empfinde ich meinen Job eigentlich nicht“, lacht Frenkel. „Und wenn es doch mal wild wird mit Anträgen und Deadlines – Sport hilft eigentlich immer.“ Die quirlige Forscherin hat natürlich auch schon neue Anwendungsmöglichkeiten im Blick, für die sie hofft, eine Förderung erringen zu können. Diesmal soll es um Patientinnen und Patienten gehen, die chronische Schmerzen haben“, berichtet sie begeistert. „Ich würde gerne herausfinden, inwieweit man solchen Menschen durch den Einsatz von virtuellen Trainings dabei helfen kann, mit den Schmerzen besser zurechtzukommen, davon verspreche ich mir viel. Wir haben schon sehr gute Erfahrungen mit ähnlichen Settings bei Menschen mit Bewegungseinschränkungen gemacht, die Bewegungsabläufe zunächst mental trainieren“. An der Hochschule Furtwangen fühlt sich Frenkel pudelwohl – „das Tolle ist, dass ich hier sehr viele Kolleginnen und Kollegen aus ganz anderen Fachrichtungen kennenlernen durfte, die alle auch im VR-Kontext forschen – da ergeben sich vielversprechende Synergien!“ – und sicher schon wieder eine Menge neuer Projektideen.

Profs im Portrait: 
In dieser Serie stellen wir die renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor, die an der Hochschule Furtwangen lehren und forschen. Die HFU ist eine Hochschule für Angewandte Wissenschaften; deshalb verfügen Professorinnen und Professoren über langjährige Erfahrung aus der Praxis. Die spannenden Lebens- und Berufsgeschichten stellen wir in loser Reihenfolge vor.