Das Forschungsprojekt „eLan“ verhilft Langzeitarbeitslosen im ländlichen Raum per App zu einem gesünderen Leben
Gesundheit, das wünscht sich eigentlich jede und jeder. Wirklich gesund zu leben, das gestaltet sich oft schwieriger. Eine gesunde Lebensweise erlernbar zu machen – damit beschäftigt sich das Forschungsprojekt „eLan“ an der Hochschule Furtwangen. Ganz konkret geht es dabei um eine Gesundheitsintervention für Langzeitarbeitslose im ländlichen Raum, eine Gruppe, die besonders gefährdet ist, ungesund zu leben.
Landleben, das bedeutet: weitere Wege, ein eingeschränktes Angebot des öffentlichen Nahverkehrs, eine hohe soziale Kontrolle durch kleinere Dorfgemeinschaften. „In der Lebenswelt von Menschen, die kein eigenes Einkommen mehr haben, spielt Scham eine große Rolle“, weiß Prof. Dr. Kirsten Steinhausen von der Fakultät Gesundheit, Sicherheit und Gesellschaft, die das Projekt „eLan“ an der HFU leitet. An Sportkursen teilzunehmen ist eine große Überwindung, noch mehr, wenn man keine passende Kleidung dafür hat. Oder kein Geld für das Busticket. Oft sind Menschen auch in die Langzeitarbeitslosigkeit geraten, weil sie bereits gesundheitliche Probleme hatten – die sich durch weiteren Bewegungsmangel und Ernährungsfehler noch steigern.
Bewusstsein für eine gesunde Lebensweise schaffen
An der HFU feilt Prof. Steinhausen deshalb mit ihren Kollegen Prof. Dr. Christian Weidmann, Experte für Gesundheit im ländlichen Raum, und Prof. Dr. Christophe Kunze, spezialisiert auf assistive Gesundheitstechnologien, an einer ganz besonderen App. Wie ein digitaler Muntermacher soll „eLan“ Betroffenen dabei helfen, mehr Bewusstsein für gesundes Verhalten zu entwickeln. „Wir entwickeln motivierende Impulse und setzen auf Aufklärungsarbeit“, beschreibt Steinhausen. Oft gehe es dabei um die Vermittlung einfacher Hinweise – zum Beispiel die, dass Softdrinks besonders zuckerhaltig und gesundheitsschädlich oder Fertigprodukte nur vermeintlich günstig sind. Entscheidend dabei: Die App soll so motivierend gestaltet sein, dass sich die Benutzenden individuelle Ziele setzen und dabei angespornt werden, diese zu erreichen. Dazu gibt es in der App sogar einen digitalen „Medaillenschrank“, in dem man Lob und Auszeichnungen aufbewahren kann.
Ernährung und Bewegung als Erfolgsfaktoren
Gleich zwei Doktorandinnen widmen dem Forschungsprojekt an der HFU ihr Promotionsthema – abgestimmt auf die beiden großen Themenfelder Ernährung und Bewegung, zwischen denen sich die Nutzenden der App anfangs entscheiden dürfen. Iris Weishaupt entwickelt im Bereich Bewegung die sportlichen Anreize für die neue App: „Gemeinsam im Team gestalten wir mit Hilfe der Plattform MobileCoach Inhalte zum Thema Bewegung und Ernährung, die auf Grundlage der zuvor durchgeführten Bedarfsanalyse entwickelt werden. Die Teilnehmenden bekommen anhand von Chatnachrichten Inhalte in Form von Informationen, Quiz, Tages- und Wochenaufgaben übermittelt“, berichtet sie. Im Sportbereich werden Bewegungsaufgaben durch Fotos und Videos vermittelt. Sogar der berühmte innere Schweinehund nimmt in der App Gestalt an und wartet darauf, überwunden zu werden. Im Bereich der Ernährung entwickelt Jennifer Mages-Torluoglu die Impulse für gesunde Ernährung. Sie hat auch beim Verfassen des Projektantrages maßgeblich unterstützt - damals noch als Mitarbeiterin des Studienganges Angewandte Gesundheitswissenschaften.
Die App im Härtetest
Seit zwei Jahren wird in dem Projekt geforscht, gefördert wird „eLan“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms FH-Sozial. Die spannende Endphase des Projekts steht nun unmittelbar bevor: „Wir starten jetzt im Oktober mit einem Pretest der App, die 15 Menschen neun Wochen lang testen werden“, sagt Prof. Dr. Kirsten Steinhausen. Anfang des kommenden Jahres wird dann eine große Studie mit bis zu 200 Langzeitarbeitslosen geführt, deren Ergebnisse der neuen App den letzten Schliff verleihen werden. Die Studienteilnehmenden findet das Projektteam durch die Zusammenarbeit mit den Projektpartnern, der Hochschule Fulda und zahlreichen Beschäftigungsagenturen, die sich auf Langzeitarbeitslose spezialisiert haben.
Künftig hofft Prof. Steinhausen auf eine Kooperation mit Krankenkassen, die bereits Interesse an dem neuen Präventions-Tool angemeldet haben. Die digitale Gesundheitsintervention per App wird von vier Präsenzterminen begleitet, die das Gemeinschaftsgefühl der Teilnehmenden stärken sollen. Beim gemeinsamen Kochkurs beispielsweise werden Rezepte aus der App ausprobiert – da freut sich sicher auch der Schweinhund!