Mit KI über Stock und Stein

Neues Forschungsprojekt der Hochschule Furtwangen vermisst Radwege mit Hilfe von künstlicher Intelligenz

Ob Freizeitausflug oder Kurierdienst: Für viele Radfahrende wäre es ein großer Vorteil, wenn sie schon bei der Streckenplanung wüssten, wie ihre Route beschaffen sein wird. Gibt es einen eigenen Radweg, oder ist dieser durch eine Markierung von der Fahrbahn getrennt? Wie breit ist ein Mountain-Bike-Trail, und wie viele Schlaglöcher erwarten mich auf meiner Strecke durch die Stadt? Die Weiterentwicklung des Radverkehrs und das Interesse an solchen Informationen ist der Kerngedanke im neuen Forschungsprojekt „Automatic Bike Path Analysis“ (ABPA), welches im Januar 2022 an der Hochschule Furtwangen gestartet wurde.

Die Idee zum Forschungsprojekt hatte Johannes Deyringer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HFU-Fakultät Wirtschaftsinformatik - natürlich auf dem Fahrrad. An der Hochschule Furtwangen, speziell am Institut für Mobilität im ländlichen Raum (MIR), hat man viel Erfahrung mit Forschung zum Thema Mobilität. „Es gelang uns, mit der Hochschule Offenburg und dem Unternehmen Outdooractive Projektpartner zu finden, die uns optimal ergänzen“, berichten die Projektleiter Prof. Dr. Jochen Baier und Prof. Dr. Oliver Taminé. In einigen Wochen soll es schon so weit sein: Testpersonen werden mit Smartphones kurze Videosequenzen von Radwegen aufnehmen, die dann in Furtwangen analysiert werden. „Die KI wird lernen, um welche Bodenbeschaffenheit es sich handelt, wo Steine im Weg liegen oder wo die Fahrbahn beschädigt ist“, beschreibt Johannes Deyringer. Dazu schwingen sich von „VeloKurier“ aus Freiburg bis zu Ortsgruppen des ADFC Radfahrerinnen und Radfahrer im ganzen Land für die Forschung in den Fahrradsattel und sammeln Videomaterial.

Das Ziel ist, mit den Ergebnissen des Forschungsprojekts digitale Karten ergänzen zu können. „Abgesehen vom Komfort und der besseren Planbarkeit einer Strecke sehen wir vor allem einen riesigen Vorteil für die Sicherheit“, erläutert Silvan Kaspar, Director Cartography von Outdooractive. Auch für die Akteure der Radlogistik sind die Projektergebnisse relevant, um geeignete Zustellwege zu ermitteln. „Wir kooperieren bei dem Projekt auch mit Gemeinden“, beschreibt Prof. Dr. Baier einen weiteren Aspekt des neuen Projekts. So könnten künftig zum Beispiel Bauämter automatisiert benachrichtigt werden, wenn auf einem Radweg Gefahr durch eine Beschädigung festgestellt wurde.

Das Projekt ABPA wird im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND mit insgesamt 455.340 Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert und ist auf 24 Monate angesetzt.

In Zeiten des E-Bike- und Lastenräder-Booms stößt das Forschungsprojekt auf größtes Interesse. „Wir haben schon enorm viele Anfragen anderer Forschungseinrichtungen aus dem In- und Ausland erhalten, die alle Synergien sehen und sich mit uns austauschen wollen“, berichtet Deyringer, das Projekt sei aber eben erst angelaufen. Bis er selbst in und um Furtwangen Daten für ABPA sammeln kann, wird es wohl noch etwas dauern: Derzeit würde eine digitale Karte von den Radwegen im Schwarzwald wohl aufgrund von Schneeresten noch abraten.

Über den mFUND des BMDV:

Im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND fördert das BMDV seit 2016 datenbasierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte für die digitale und vernetzte Mobilität 4.0. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und durch die Bereitstellung von offenen Daten auf dem Portal mCLOUD. Weitere Informationen finden Sie unter www.mFUND.de.