
Die Bilder des Elektronenmikroskops zeigen deutlich, wie sich die Holzstruktur durch Plasmabeschichtung verändert (oben behandelt, unten unbehandelt).
Wohl die wenigsten von uns sind sich dessen bewusst, aber jedes Brillenglas, jeder Kugelschreiber und so manche Outdoorjacke haben etwas gemeinsam. Das Produktionsverfahren, das so ziemlich jeder denkbare Gegenstand aus Kunststoff schon durchlaufen hat, nennt sich Plasmabeschichtung. Werkstoffe werden mittels teilweise ionisierter Gasgemische in einer Beschichtungskammer behandelt, damit sie wasser- oder schmutzabweisend sind, um sie zu veredeln, besonders strapazierfähig, nicht rostend oder bedruckbar zu machen. Prof. Dr. Volker Bucher, der an der Fakultät Mechanical and Medical Engineering der Hochschule Furtwangen lehrt und forscht, hat sich auf Plasmabeschichtungen spezialisiert – er befasst sich mit Oberflächentechnologien insbesondere für medizinische Anwendungen. Prof. Bucher leitet außerdem das Studienzentrum Rottweil – ein Labor der Hochschule Furtwangen, in dem sich Studierende ihren Abschluss- und Projektarbeiten widmen und Bucher selbst Forschungsprojekte voranbringt.
Spektakuläre Veränderung
Derzeit arbeitet Bucher an der Entwicklung eines Verfahrens mit, das in Sachen Plasmabeschichtung spektakuläre Neuentwicklungen vornehmen wird: Beim Projekt „PlasmaWood“ wird nicht wie sonst üblich Kunststoff, sondern Holz behandelt – und ändert durch dieses Verfahren seine Eigenschaften. Prof. Bucher zeigt Bilder aus dem Elektronenmikroskop, die verdeutlichen, wie das Plasmaverfahren in die Poren des Holzes vordringt. „Das Holz wird vom Harz befreit, und dann wird die Zellulose, also die Substanz des Holzes, beschichtet“, erklärt Bucher begeistert. „Man bekommt ein Holz, durch das man zum Beispiel mit einer normalen Lampe hindurchleuchten kann!“ Für Innenarchitektur und Baubranche eröffnen sich damit ganz neue Möglichkeiten. Der unschlagbarste Vorteil des Verfahrens aber ist: „Plasmabeschichtetes Holz verwittert nicht“, erklärt Bucher. Bauholz, Fassaden, Terrassen – alles könne quasi ewig und völlig witterungsunabhängig bestehen. Kein Wunder, dass die Zusammenarbeit im Verbundprojekt „PlasmaWood“ durch eine Baufirma initiiert wurde. Die Forschungsarbeiten an dem besonderen Holzschutz – der ganz ohne Lacke, Lasuren oder Öle zu erreichen und deshalb besonders umweltfreundlich ist – werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bis Ende 2023 gefördert.
Entwurf einer Großanlage
In dieser Zeit werden Prof. Bucher, Projektmitarbeiter Wolfram Kintzel und Felix Blendinger daran arbeiten, nicht nur unterschiedliche Holzsorten mit einer Plasmabeschichtung zu versehen, sondern eine Anlage zu entwickeln, die große Platten beschichten kann. „Das ist wirklich eine grüne Technologie“, berichtet Bucher über das Verfahren. „Plasmaprozesse sind umweltfreundlich, weil nur übliche Gase wie zum Beispiel Sauerstoff, Stickstoff oder Dämpfe von ungiftigen Silizium-haltigen Flüssigkeiten verwendet werden. Mit Reaktionsprodukten aus diesen harmlosen Stoffen werden die Werkstücke beschichtet. Das schadet niemandem.“ Die zu entwerfende Großanlage wird vom Wissenschafts-Team der HFU in Zusammenarbeit mit dem Industriepartner plasma technology GmbH aus Herrenberg mitentwickelt und soll später bei der Baufirma Schwörer-Haus KG in Hohenstein/Oberstetten aufgebaut werden. „Wir werden heimisches Fichtenholz mit einem UV-Filter versehen und die Wasseraufnahme verhindern“, beschreibt Bucher das Ziel. Den Weg dorthin, das „Bedampfen“ im Plasmaprozess, erläutert Projektmitarbeiter Kintzel so: „Meist wird dieser Prozess in einem Vakuum vorgenommen. Bei einem Druck von 10-4 Millibar wird ein Gasgemisch eingeleitet und die elektrisch beschleunigten Elektronen ‚zünden‘ das Plasma.“ Sobald es gelingt, das Holz großflächig mit der Plasmabeschichtung zu behandeln, werden die Platten anschließend noch in einer Klimakammer und mittels eines Salzsprühnebeltests auf ihre neuen Eigenschaften geprüft. Obwohl Bucher und Kintzel schon genaue Vorstellungen davon haben, was diese Tests ergeben werden – der wissenschaftliche Weg dorthin bleibt spannend. Kintzel lacht: „Kurz gesagt: wir schauen einfach, was passiert.“