Fälschungen, Plagiate und die Überformung des Erkenntnisinteresses durch wirtschaftliche oder politische Interessen bedrohen regelmäßig den Vertrauenspakt zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Auch weil sie vor allem dort auftreten, wo die Hoffnung auf die Lösungskompetenz der Wissenschaft am größten ist und Forschung einen hohen gesellschaftlichen Reputationsgewinn verspricht. Vermeintlich umprogrammierte Zellen, die nicht mehr altern, leicht zu klonende menschliche Stammzellen, Medikamentenstudien ohne Patientendaten, abgeschriebene Doktorarbeiten oder die werbewirksame Vermarktung von sensationellen, aber unveröffentlichten Ergebnissen für einen Brustkrebs Bluttest, sind nur einige der jüngeren Beispiele einer langen Reihe spektakulärer Skandale, die bis zu den Anfängen professionalisierter Wissenschaft ins 19. Jahrhundert zurückreicht.
Energiewende, Heilung von Krankheiten und die Ernährung einer rasant wachsenden Weltbevölkerung. Heute sind die Erwartungen an die Wissenschaft immens. Sie soll Problemlagen – wie den Klimawandel – objektiv erklären, aber auch technische Lösungen in immer kürzerer Zeit entwickeln. Der Erwartung, dass Forschung der Schlüssel zu einer besseren Lebenswelt ist, steht eine Überforderung unseres Urteilsvermögens gegenüber. Die Komplexität der Probleme, die Explosion des Wissensbestandes und die damit erforderliche Spezialisierung der Forschung machen es der Öffentlichkeit nahezu unmöglich, Wissenschaft kritisch zu begleiten. Wir sind daher in besonderer Weise auf eine funktionierende Selbstkontrolle und die Integrität aller wissenschaftlichen Akteure angewiesen.
Ausgehend von prominenten Betrugsfällen werden die vielfältigen Formen und Kontexte von Täuschung, Betrug und Manipulation in der Wissenschaft skizziert, nach den Gründen für das Fehlverhalten von Forschenden gefragt und die Spannung zwischen Wissenschaftsidealismus und akademischer Praxis ausgelotet. Am Beispiel von Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, wie sie auch an der Hochschule Furtwangen gelten, werden aktuelle Instrumente vorgestellt, mit denen die Wissenschaft der Herausforderungen durch ›Fake Science‹ begegnet.
Zur Person
Dr. Thorsten Fitzon ist promovierter Literaturhistoriker und wissenschaftlicher Referent an der Hochschule Furtwangen. Er ist zuständig für das fächerübergreifende Kooperative HFU-Promotionskolleg und unterstützt den Prorektor für Forschung und Transfer in der Strategieentwicklung.